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BAG 27.04.2017: Sozialauswahl bei rentenberechtigten Arbeitnehmer

Der Mitarbeiter wurde im Zuge betriebsbedingter Maßnahmengekündigt. Er griff die Kündigung an wegen fehlerhafter Sozialauswahl mit dem Argument, er weise das höchste Lebensalter auf und sei damit wesentlich schutzwürdiger als andere Mitarbeiter. Es sah dies angesichts seines 67. Lebensjahres im Direktvergleich mit einer 37 Jahre alten, verheirateten und einem Kind unterhaltsverpflichteter Arbeitnehmerin als gegeben an. Das BAG betont, die Sozialauswahl diene dazu, dass demjenigen gekündigt wird, „der am wenigsten auf das Arbeitsverhältnis angewiesen sei“. Die Kriterien Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Lebensalter und Schwerbehinderung seien typisierende Merkmale, die eine besondere Schutzbedürftigkeit indizieren.

Das Lebensalter verstehe der Gesetzgeber hierbei als abstrakten Maßstab für die Vermittlungschancen am Arbeitsmarkt. Es gehe um die zeitnahe Erzielbarkeit eines dauerhaften Ersatzeinkommens. Diese gesetzliche Grundausrichtung gebietet es, einen Arbeitnehmer, so das BAG, der bereits Regelaltersrente beziehen kann, hinsichtlich des Lebensalters als deutlich weniger schutzbedürftig anzusehen. Auch die hieraus resultierende unmittelbare Ungleichbehandlung wegen Alters aufgrund der Rentenberechtigung nimmt das BAG hin. Die zum Vergleich heran gezogene Arbeitnehmerin habe mit 37 Jahren eine höhere Schutzbedürftigkeit beim Lebensalter. Das BAG lässt insofern ausdrücklich offen, ob der 67 jährige bei gleicher Betriebszugehörigkeit, wie ein Parallelarbeitnehmer, allein wegen der Bezugsberechtigung der Regelaltersrente weniger schutzbedürftig wäre. Aus unserer Sicht ist dies zu verneinen, weil das Kriterium der Betriebszugehörigkeit an andere Aspekte wie die konkrete Erfahrung im Beruf anknüpft. Zur weiteren Klärung der Einzelheiten des Sachverhaltes verwies das BAG zurück an das LAG, nicht zuletzt zur Frage der Wichtung der übrigen Kriterien der Sozialauswahl.